1. Juni 2023

Der To-Do-Listen-Salto, Endausbaustufe

Lesedauer 3 Minuten

Vor kurzem hatte ich mit Kind 2.0 ein ernstes Gespräch, nachdem mehrere wichtige Aufgaben unerledigt geblieben waren, obwohl er beharrlich behauptete, an den Themen gearbeitet zu haben.

Ich fragte ihn woran es gelegen hätte und seine Antwort offenbarte mehrere Probleme, die mir nur allzu bekannt vorkamen. Er erklärte, dass er gut darin sei, eine Liste von Aufgaben aufzustellen, die theoretisch zum Ziel führen würden. Doch dann würde er entweder angesichts eines Berges von Aufgaben den Anfang vor sich herschieben oder er wüsste gar nicht, wo er anfangen sollte. Sollte er dann tatsächlich den Anfang machen, würde der Impuls zu prokrastinieren einsetzen und jede Unterbrechung wäre eine willkommene Entschuldigung, um abzubrechen und später mit einer anderen Aufgabe der Liste weiterzumachen. Das Ergebnis war das Gefühl, viel zu tun, aber mit nichts wirklich voranzukommen. Das führte zu Frustration und schließlich dazu, dass alles unter dem Eindruck persönlichen Versagens unerledigt blieb.

Ein klassischer Teufelskreis, und ich kann ihn wirklich gut verstehen. Ich überlegte, welchen Rat ich ihm geben könnte. Unter all den Taktiken, die ich über die Jahre probiert und gelernt habe entschied ich mich für ein paar wenige einfache Ideen, die ich ihm vorschlug. Und – oh Wunder! – In den folgenden Tagen bewegten sich plötzlich Dinge, ohne uns alle in den altbekannten Frustrationskreislauf aus Ermahnung und Aufschieberitis zu zwingen.

Welche Ideen? Glad you asked 🙂

Keine davon ist eine bahnbrechende Neuerung, und ihr habt sie alle schon einmal gehört. Trotzdem ist die Zusammenfassung vielleicht nützlich und sei es nur als kleine Erinnerungsstütze…

Idee 1: Eat the Frog first. Dieser Rat mag merkwürdig klingen, aber es ist eine bewährte Methode, mit der man die Arbeit an einer ausufernden To-Do-Liste produktiv beginnen kann. Der „Frosch“ steht dabei für die Aufgabe, vor der man am meisten zurückschreckt. Sich darauf als erstes zu stürzen, hat bei mir gleich drei Effekte:

  1. Zu Beginn habe ich meist mehr Disziplin und Energie. Die Wahrscheinlichkeit ist also höher, dass ich den „Frosch“ bewältige, als wenn ich ihn mir für später aufhebe.
  2. Sobald der Frosch erledigt ist, machen alle anderen Aufgaben vergleichsweise mehr Spaß. Außerdem ist ein Anfang gemacht und es läuft runder.
  3. Persönlich fühlt es sich gut an, keine Aufgabe zurückzubehalten, vor der es mir graut, und das stärkt auch mein Selbstvertrauen und meinen Antrieb für den Rest des Tages.

Idee 2: mit der einfachsten Aufgabe beginnen. Der Vorteil dieser Methode liegt auf der Hand: Man kann schnell einen Haken an eine Aufgabe machen und diesen kleinen Sieg feiern. Damit sind wir vom metaphorischen „weißen Blatt“ weg. Außerdem sinkt bei einfachen Aufgaben die Versuchung, mit anderen Aufgaben zu prokrastinieren. Wir konzentrieren uns auf eine einzelne Aufgabe und haken sie ab. Das befriedigt nicht nur, sondern gibt uns oft auch den Schwung für weitere Einträge der Liste. Vielleicht direkt den „Frosch“ als nächstes?

Ähnlich wie Idee 2 wirkt auch Idee 3: die Aufgabe wählen, die am meisten Spaß macht. Wer mit einer Aufgabe beginnt, die Freude bereitet, startet positiv und hat vermutlich auch den Antrieb, diese Aufgabe am Stück abzuschließen. Der Trick ist auch hier, sich nicht ablenken zu lassen. Eine Aufgabe zu einer Zeit. Versucht, ungeplantes Aufgabenspringen zu vermeiden. Es ist wichtiger, Dinge abzuhaken, als verschiedene Aufgaben gleichzeitig voranzutreiben.

Jetzt könnte es natürlich so sein, dass es tatsächlich die Länge der jeweiligen Aufgaben ist, die uns ermüdet. Vielleicht schafft man es nicht, sich über längere Zeit motiviert und konzentriert einem Thema zu widmen? Hier hilft zumindest mir die sogenannte Pomodoro-Technik. Sie heißt so, weil Küchentimer klassisch oft die Form einer Tomate haben. Die Idee ist, sich einen solchen Timer zu stellen. 12-15 Minuten haben sich für mich als gutes Zeitfenster herausgestellt. Alles, was es jetzt braucht, ist das innere Versprechen, sich in diesen Minuten AUSSCHLIEßLICH einer (und wirklich nur einer einzigen) der Aufgaben zu widmen. Das heißt auch: Stellt alle Ablenkungen wie Whatsapp etc. für diese 15 Minuten bedingungslos stumm, alle Konzentration gehört dieser einen Aufgabe! Danach – das ist genauso wichtig – gönnen wir uns eine 15-minütige Pause. Wichtig ist aber, bei der gewählten Aufgabe zu bleiben, bis man sie abhaken kann. Es ist überraschend, wie viel man erledigen kann, wenn man nur gezielt an einer Aufgabe bleibt, statt ständig herumzuspringen.

Und das bringt mich zu meinem letzten Tipp: Seid nett zu Euch! Wir neigen dazu, viel zu lange Listen zu schreiben und zu überschätzen, was wir theoretisch alles tun könnten. Stattdessen lohnt es sich, zwei Listen zu haben: Erstellt ruhig eure „große“ Liste und geht einfach davon aus, dass das die Liste für euer ideales Selbst ist. Danach nehmt ihr sie und überlegt, wie die Liste aussehen würde, wenn ihr sie für die unmotivierte, frustrierte oder gestresste Version von euch selbst schreiben würdet. Mit anderen Worten: Fragt euch, was ihr auch an einem schlechten Tag erledigen könnt. Markiert genau diese Punkte und arbeitet zunächst mit dieser Liste. Wahrscheinlich ist nicht jeder Tag euer schlechtester, und ihr bekommt nicht nur das gute Gefühl, euer Mindestsoll erledigt zu haben, sondern könnt danach mit den anderen Punkten weitermachen.

Auf diese Weise vermeidet ihr lähmende Frustration durch einen Standard, den ihr nur an euren besten Tagen erreichen könnt. Als Belohnung winken erreichte Ziele und der Fortschritt, den ihr euch beim Schreiben der Liste(n) gewünscht habt. Und das ist es doch allemal wert.

Bild: Midjourney

3 Responses

  1. Kaya sagt:

    @DirkIch mag Frösche. Auch hierbei 😅Schön zusammengefasst.Manchmal hilft es auch schon, beim größten Knoten zu helfen wenn es sehr zu haken scheint.

    • Dirk sagt:

      Das stimmt! Allerdings wachsen ja auch solche Taktiken nicht auf dem Baum sondern können weitergegeben werden. Deswegen versuchen wir beides: Bei den eigentlichen Aufgaben helfen und gleichzeitig zu vermitteln wie man aus der selbstgestellten Falle ausbrechen kann.

  1. 15. August 2023

    […] text is completely written by me. However, the original version is in German and I asked chatGPT to help with the […]

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