19. Oktober 2022

Ringe der Macht

Lesedauer 2 Minuten

!Achtung – Spoilers ahead!

Ich bin Tolkien-Fan und zwar die Art Fan, der das Hauptwerk mehrmals und die begleitenden Bücher alle mindestens 1x gelesen hat. Ich mochte die Peter Jackson Verfilmungen sehr und so war ich sehr gespannt was Amazon wohl mit den Ringen der Macht abliefern würde.

Die Serie ist außerdem anscheinend die teuerste Serie aller Zeiten, wenn alle Staffeln abgedreht sein werden (5 sind wohl geplant), wird die Serie irgendwas zwischen 700 und 900 Millionen Dollar gekostet haben und die Staffel 1 hat angeblich auch schon über 300 Millionen gekostet…

Ich hatte also große Erwartungen und verfolgte das Social Media Getöse während ich darauf wartete, dass die Serie komplett verfügbar wurde. (Ich schaue nicht Woche für Woche… lieber warte ich bis das Finale da ist und binge nach meinem eigenen Zeitplan).

Unterm Strich wurde ich nicht enttäuscht. Die Serie lehnt sich hart in den Look den Peter Jackson vorgelegt hat was dazu führt, dass sie wie eine Art Prequel daher kommt. Letztlich ist die Gesamtdauer von 8 Episoden ja sogar kürzer als die Trilogie und damit hatte die Serie alle Möglichkeiten sich in Sachen Special Effects und Setdesign so richtig auszutoben.

Natürlich hatte ich die Kontroversen um den Cast mitbekommen. Es waren doch tatsächlich dunkelhäutige (gasp!) Figuren in Rollen gecastet worden die von einigen anscheinend als weiß erwartet wurden. Jetzt nachdem ich die Serie gesehen habe finde ich die Aufregung gleichermaßen unnötig, aber manchmal auch nachvollziehbar. Mein eigener Hot Take dazu: Ich fand die Darsteller:innen ausnahmslos großartig, aber mir ging gewaltig auf den Zeiger, dass Amazon offensichtlich nach dem Prinzip Checklist vorgegangen war. So gab es für jede Gruppe die in der Serie auftauchte genau eine Person die offensichtlich eine Person of Color war. Schaute man aber genau hin dann waren die oft die einzigen weit und breit. Liebe Leute bei Amazon – war euch Diversität bei euren Statisten egal?

Ich wünsche mir Filme und Serien bei denen die Diversität so selbstverständlich ist, dass sie nicht mehr heraussticht und bei dieser Serie fiel auf wie viel davon auf die Hauptrollen begrenzt war. Aber naja, nächste Staffel vielleicht, hm?

Ansonsten war die Serie in erster Linie schön anzuschauen, aber nicht viel mehr. Ich persönlich fand sie nicht spannend genug. Wenn die Serie versuchte ihr Publikum zu überraschen war es zu durchsichtig (z.B. als der Charakter der ganz offensichtlich Gandalf werden wird für ca 10 Minuten als Lord Sauron vorgestellt wird) und das Finale war einfach nur antiklimaktisch. Der big Reveal wer denn nun wirklich Sauron ist war ja noch nett, aber die elendslange Abschiedssequenz, die unendliche Sequenz des Ringschmiedens…

Manches war auch rundheraus ärgerlich. Dabei gehöre ich nicht zu den Tolkien Puristen, die sich aufregen wenn Timelines nicht mit der Vorlage übereinstimmen. Meinetwegen darf eine Serie aus dramaturgischen Gründen auch Änderungen vornehmen solange ich gut unterhalten werde. Wenn aber 3 kleine Schiffe plötzlich 300 berittene Soldaten transportiert haben sollen, wenn über 2000 Meilen innerhalb von zwei Tagen zurückgelegt werden und wenn Figuren Poetisches von sich geben die eigentlich nicht der Typ dafür sind, dann reißt mich das aus dem Erlebnis und frustriert mich. Um es mal so zu formulieren: Ins Drehbuch flossen die Millionen offensichtlich nicht, da wäre wirklich noch einiges möglich gewesen.

Mal sehen wie Staffel 2 wird. Immerhin habe ich durch die Serie Lust mal wieder in die Bücher zu schauen…

4 Responses

  1. Samuel sagt:

    @Dirk Das hast du sehr treffend zusammengefasst. Ich fand auch, dass man sich zu sehr auf World Building konzentriert hat und die Story vernachlässigt wurde. Alles war vorhersehbar (bis auf den letzten Twist), alles war so gemacht, dass es maximal episch aussah. Mitunter fehlte mir die erzählerische Leichtigkeit von Jackson. Zum Cast habe ich nichts zu sagen, den fand ich auch super.Ich hätte mir dann aber doch mehr Ähnlichkeit zum Silmarillion gewünscht. Da waren mir zu viele Shortcuts drin.

  2. Oliver sagt:

    Ich teile deine Meinung. Ich finde vor allem, dass die Regie die Schauspieler schlecht geführt hat. Meine Vermutung ist, dass diese nicht wussten, warum sie was zu sagen haben, daher wirkt alles eher wie Laientheater, obwohl man das Potenzial spürt.

    Was nun die schlimme Wokeness betrifft: Mich stört das bunte Erscheinungsbild überhaupt nicht, das nimmt mir null die Immersion. Allerdings ist es störend, dass die Hobbits alle einen irischen Dialekt haben und alle Zwerge einen schottischen. Iren sind naturverbunden und ein wenig primitiv, Schotten trinkfest und stur. Der Rest des Casts bemüht sich redlich um britischen RP, die Elfen sprechen natürlich Queen’s English.
    Das ist akustische Diskriminierung, oder?

    That said: RoP ist mir immer noch lieber als „House of the Dragon“: Alles dunkel, jeder hat finstere Absichten; im Prinzip die spanischen Erbfolgekriege, aber mit Drachen als deus ex machina.

    • Dirk sagt:

      Dieser Gedanke der akustischen Diskriminierung ist wirklich spannend! Allerdings gäbe es da nur zwei Auswege: (1) alle reden denselben Dialekt oder (2) wilde Mischung 😉

      Ich für meinen Teil bin erst einmal dankbar, dass die britische Dialekte genommen haben und keine amerikanischen 😉

      • Oliver sagt:

        Und es sind ja nicht nur alle Zwerge Schotten, auch alle Wikinger oder Spartaner!
        Ich gebe für die Schottenzwerge Gary Gygax die Schuld (Der hat das wiederum bei Poul Anderson abgespickt, wie so vieles.)
        Tolkien hat Zwergisch, laut eigener Aussage, als Sprache gestaltet, die dem Semitischen verwandt ist. Für die deutsche Synchronisation wäre also Jiddisch angemessen. 😉

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