11. August 2022

Schreiben – erst Stift, dann Taste

Lesedauer < 1 Minute

Ich habe mir heute ein Interview angesehen (hm… eigentlich angehört). Tim Ferris hatte den Autor Neil Gaiman zu Gast und sich mit ihm unter anderem über dessen Schreibprozess unterhalten. Dabei fand ich faszinierend wie Neil über den Unterschied zwischen Schreiben mit Füller und Schreiben mit Computer dachte. So teilte er die Beaobachtung, dass die Länge von Texten seit einigen Jahren zuzunehmen scheint. Seine Theorie: das hat mit der modernen Arbeitsweise zu tun. Schrieben früher nämlich viele eine erste Rohfassung mit Hand die sie dann abtippten, entstehen fast alle Texte heute direkt im Rechner. Im Rechner gibt es keinen Nachteil, erst einmal mehr Text zu produzieren weswegen man zunächst eher mehr als weniger schreibt und dann in weiteren Durchläufen versucht die Sprache „zu schleifen“.

Das fühle sich dann aber an, als würde man Arbeit wegwerfen, es tut ein bißchen weh und fällt manchmal sogar schwer. Schreibt man hingegen zunächst mit dem Stift und tippt dann ab, dann ist jede gesparte Formulierung praktisch ein Geschenk an sich selbst. Man „spart“ Arbeit.

Unter anderem aus dieser Überlegung heraus kehrte Neil in seiner Arbeitsweise daher wieder zur „klassischen“ Methode zurück. Das hat außerdem den Vorteil zu vorausschauendem Schreiben gezwungen zu sein was – so seine Überzeugung – stilistisch viele Vorteile hat und dann ist es eben auch so, dass die erste Fassung im Rechner sehr wahrscheinlich kompakter und durchdachter ist als anders herum.

Schreiben wir einen Text von Papier ab, fügen wir einem leeren digitalen Dokument Text hinzu nachdem wir ein leeres Blatt Papier mit Worten gefüllt haben. Das fühlt sich nicht so an als ließen wir irgendwas weg, vielmehr haben wir gleich zweimal etwas hinzugefügt. Win-Win.

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5 Responses

  1. Nils Pooker sagt:

    @Dirk Sehr interessant! Und passend: Ich habe neulich auch beschlossen, meinen nächsten Blogtext ebenfalls mal wieder per Hand auf Papier vorzuschreiben. Es stimmt, am Ende geht's schneller, man strukturiert und schreibt vor allem bewusster und ökonomischer.

  2. @Dirk Ich habe leider nicht viel Talent zum schreibe, was ich sehr schade finde. Ich bewundere alle die es beherrschen und wenn es dann noch eine schöne Handschrift gibt, umso schöner.

  3. Frauke_Z sagt:

    @Dirk Ich denke, es gibt noch einen Grund, warum Texte länger werden: der Platz. Wenn ich für ein Printmedium (also für Papier) schreibe, ist der Platz in der Regel begrenzt. Ich muss schneller zum Punkt kommen, mir meine Worte gut überlegen. Am Computer (ohne Platzbegrenzung) fällt es mir als Autorin erstmal nicht auf, wenn der Text zu lang wird. (Dem Leser fällt es sehr wohl auf…)

  4. Anni Bürkl sagt:

    @Dirk kann ich mir gut vorstellen.

  5. oli sagt:

    „Ich schreibe dir einen langen Brief, weil ich für einen kurzen keine Zeit habe.“
    Das Zitat wird Goethe zugeschrieben – die Quellen sind nicht eindeutig.
    Der Funken Wahrheit in dem Satz ist: Ein guter Gedanke braucht Zeit – und erst wenn man nichts mehr weglassen kann, dann ist der Text wirklich gut.

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