16. August 2022

Podcastfunk

Lesedauer 2 Minuten

Seit über 8 Jahren beschäftigt mich die Podcasterei. Mein ältester noch abrufbarer Podcast ist aus dem Jahr 2014 und insgesamt produzierte ich über die Jahre mehr als 1300 Podcastfolgen. Ich war Jurymitglied bei Podcastwettbewerben, Podcastpate, Regular im Sendegate, habe Trainings geleitet, neuen Podcaster:innen geholfen ihre ersten Sendungen ins Netz zu hieven, Portale gegründet und war auf eigene Rechnung in Los Angeles auf der größten Podcast Konferenz der Welt (Podcast Movement) um dort an einem Panel zu Podcast Aktivismus teilzunehmen. Man kann mich also mit Recht als Superfan des Mediums beschreiben.

Aber…

Seit einigen Monaten geht mir nun nach und nach die Lust aus. Zunächst dachte ich es wäre vielleicht eine Art COVID-Müdigkeit. Als dann noch der russische Angriff auf die Ukraine dazu kam, akzeptierte ich das als zusätzlichen Demotivator und erlaubte mir meine Frequenz zu verlängern. Aus wöchentlicher Veröffentlichung wurde 1-1.5 Monate. Aber die Wahrheit ist: Auch wenn COVID und Ukraine sicherlich beitragen ist das nicht der einzige Faktor. Eigentlich geht mir schon länger die Lust aus.

Zum Teil liegt es an der Richtung die das ganze Medium und die Community zu nehmen scheint. Immer mehr Hobbyprojekte verschwinden oder versuchen sich derzeit zu monetarisieren und passen ihre Inhalte entsprechend an. Immer mehr professionelle Podcasts drängen in die Catcher und etablieren hochglänzende aber flache und oft auch überproduzierte Inhalte mit Mass-Appeal, oft noch befeuert durch Plattform-Algorithmen. Immer mehr Inhalt stößt auf immer weniger echte Interaktion…

Ich glaube an die Macht von Regelmäßigkeit, gerne auch in Gestalt täglicher Routinen. Außerdem weiß ich aus Erfahrung, dass es sich in Rückschau oft lohnt Phasen der Demotivation zu überwinden und einfach trotzdem dran zu bleiben. Allerdings brachte mich ja meine Begeisterung fürs Medium und die dazugehörige Community zur Podcasterei und je mehr sich diese beiden ändern, umso mehr kommt mir auch diese Begeisterung abhanden.

Es hat bekanntlich alles seine Zeit… Ein paar Folgen habe ich noch im Köcher, aber die Frage rückt näher ob ich dieses „Podcastding“ nicht doch allmählich durchgespielt habe oder wenigstens mal ernsthaft pausieren möchte.

11 Responses

  1. Jörn sagt:

    Wir sprachen kürzlich schon drüber und ich bin da in vielen Punkten ganz bei dir. Eine allgemeingültige Lösung wird es wohl nicht geben, daher hilft nur der ebenso allgemeine wie blöde Tipp: Hör auf dein Bauchgefühl. Wenn es keinen Spaß macht, ist es auch nicht gut. Weder für dich, noch für das jeweilige Projekt. Ich persönlich würde nicht komplett ans Aufhören denken, sondern abwarten bis das unvermeidliche Platzen dieser neuen Blase kommt. So viel Geld wie aktuell von überall ins Medium Podcast gepumpt wird, kann nur in Heulen und Zähneklappern enden. Aber halt nicht für diejenigen unter uns, die das ohne kommerzielle Interessen und finanzielle Abhängigkeit betreiben können. Ob Nostrajörnus recht behalten wird, sehen wir dann auf der anderen Seite. 😉

    • Dirk sagt:

      Ja, vielleicht will ich dieses Platzen wirklich aus der Entfernung abwarten. Zur Zeit rechne ich aber erst mal noch fast täglich damit, dass vor dem Platzen der Blase erst noch die NFT Revolution auch bei den Podcastinfluenzern ankommt… 😉

  2. Martin Rützler sagt:

    Du schreibst mir aus der Seele. Well done, Dirk!!

  3. Holger sagt:

    @Dirk Es gib für alles seine Zeit, so kannst du eine Pause einlegen, nur wenige bedienen, oder schlußendlich auch mit dem Podcasten aufhören. Wenn es ein "Muss" wird sollte man aufhören als Privatperson.

  4. Matthias sagt:

    Moin Dirk,
    an dem Punkt, den du beschreibst, war ich auch schon öfters und dachte mir, dass ich mit dem Podcast einfach aufhören sollte. Nun habe ich aber das Glück, mit zwei tollen Menschen dies zusammen zu machen und jedes Mal nach einer Aufnahme war ich froh, nicht die Flinte ins Korn geworfen zu haben. Wenn man aber, wie du, solche Projekte alleine macht, dann sollte man aufhören, wenn der Bauch einem dazu rät. Persönlich fände ich die natürlich sehr schade, denn deine Fotomenschen sind wirklich klasse, aber nur meinetwegen brauchst du dich da nicht quälen ;-). Du kennst meinen Spruch in solchen Situationen ja schon: „Es ist nur ein Hobby und soll Spaß machen!“

  5. Frauke_Z sagt:

    @Dirk Dein Motivationstief verstehe ich gut. Und ich habe überhaupt keinen Anspruch darauf, dass mir jemand in seiner Freizeit und unentgeltlich via Podcatcher gut recherchierte und spannende Geschichten erzählt. Trotzdem fände ich es traurig, wenn Du den Fotomenschen-Podcast einstellst. Es wäre ein Verlust. (Ich werde noch eine Weile jeden Samstag auf den Podcast warten und jeden Sonntag die Hoffnung aufgeben.)

  6. Petrina sagt:

    Tach Dirk,
    ich schließe ich mich den beiden Kernpunkten aus den Kommentaren an: Deine Podcastmüdigkeit ist total verständlich, und gleichzeitig fände ich es echt schade, wenn gar keine neuen Fotomenschen-Folgen mehr kämen – gerade weil der Podcast privat gemacht UND toll recherchiert und produziert ist. In einer besseren Welt wären es diese Podcasts, die den Ton angeben. Das sage ich auch als eins deiner Podcast-Patenkinder.
    Diesen Frust über die Entwicklung der Szene kannte ich schon vom Bloggen über New York, wo ich mich zunehmend umgeben (und verdrängt) sah von kommerziellen, von Werbeagenturen in Deutschland gemachten Blogs voller Billigflugwerbung etc. Lange hab ich mich an der Vermutung festgehalten, dass die Nische ein kleines, aber engagiertes Publikum findet … und das hat mir immer wieder Kraft gegeben. Trotzdem ließ meine Leidenschaft nach, vor allem aber mein Interesse am Thema, dann kamen äußere Umstände hinzu, und dein Post hier erinnert mich dran, dass ich auf dem Blog mal ganz offiziell das Ende erklären sollte.
    Beim Podcasten bin ich noch nicht so weit, da hab ich grad nach fast 9 Monaten Pause wieder Laut gegeben (no pressure! ;-)). Der einzige Rat, der mir einfällt: Probier doch mal aus, was du jenseits von entweder-oder entdeckst, also zwischen „ganz aufhören“ und „tapfer weitermachen“. Da gibt es bestimt viele Möglichkeiten neben dem luftigeren Veröffentlichungsrhythmus. Vielleicht das Konzept verlagern oder auf den Kopf stellen (du als Foto-Experten-Gast in anderen Podcasts) oder die Produktion verändern oder …

  7. Oli sagt:

    Hm, es wäre sehr schade, deine Stimme und vor allem deine sehr gut recherchierten Sendungen nicht mehr hören zu können.
    Das Dilemma mit dem Podcast-Overflow und dem „Jetzt verdienen wir endlich Geld mit dem Podcast“ kann ich nachvollziehen. Etliche bisher ambitionierte Content Creators fangen an mit parallelen Projekten und/oder Werbeeinblendungen ihre Hörer zu verkommerzialisieren.
    Dazu eben noch Plattformen auf denen Zusatz-Content verbreitet wird (gerne mit Postkarte oder Sticker) oder der Merch-Wahnsinn. Ich habe genau einen Podcast bei dem ich Geld einwerfe um für die wöchentlichen 2-3h Sendungen (Was für ein Wahnsinn….) die Kapitelmarken zu bekommen um die Spreu vom Weizen trenn zu können…. Andere Podcasts fliegen nach und nach aus meiner App. Nein danke!

    Mach eine Pause wenn es dir danach ist. Probier was anderes aus. Mach was verrücktes. Aber pass dabei auf dich auf. Well-being first!
    Cheers! Oli

  8. Frank Elsner sagt:

    Ich stimme Dir 100%tig zu. Es ist wie so oft, wenn der Kommerz sich einer Sache „annimmt“. Die freie Szene muß verteidigt werden, am besten mit Qualität.

Schreibe einen Kommentar zu Dirk Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert